PD Dr. Barbara Schellhammer zum Recht auf Wissen

Anlässlich des Internationalen Tages des Rechts auf Wissen sprechen wir mit PD Dr. Barbara Schellhammer, Dozentin für Interkulturelle Bildung, darüber, wieso dieser Tag eine wichtige Rolle spielt und wie ein grenzenloser, globaler Zugang zu Wissen zu ermöglichen wäre.

PD Dr. Barbara Schellhammer

Wieso ist es Ihrer Meinung nach aus kultureller Sicht wichtig, einen Tag des Rechts auf Wissen zu zelebrieren?

Aus kultureller Sicht ist dieser Tag des Rechts auf Wissen wichtig, damit ein Austausch zwischen den Kulturen stattfinden kann. Regime, die Menschen in einer abgeschlossenen Wissens-Bubble halten, die sie von der Außenwelt abschneidet, möchten damit erreichen, dass die eigene Kultur nicht durch äußere Einflüsse „kontaminiert“ wird. So werden Menschen leichter beeinflussbar, regierbar und kontrollierbar. Damit geht jedoch auch ein gewaltiges Potential an Kreativität und Entwicklungsmöglichkeiten verloren. Die UNESCO hat in ihrer Konvention zur Kulturvielfalt von 2001 eindrücklich darauf hingewiesen, dass die kulturelle Vielfalt für den Menschen so wichtig ist, wie die Biodiversität für die Natur (s. Art. 1). Ohne einen Austausch von Wissen, Kunst und anderen kulturellen Ausdrucksformen verkümmern Menschen und Gesellschaften. Selbstverständlich geht es dem Tag des Wissens aber in erster Linie um „Freedom of Information“ (FOI), die vor allem für die politische Dimension oder Perspektive eine grundlegende Rolle spielt.

Wie könnte man einen grenzenlosen, globalen Zugang zu Wissen ermöglichen?

Selbstverständlich muss man hier das Internet als erstes nennen. Doch dabei gibt es, wie man weiß, zahlreiche Schwierigkeiten. Zum einen bietet das Internet eine solche Menge an Information, dass sie Menschen überfordern kann und „Fake News“ leichtes Spiel haben. Zum anderen begrenzen Filterblasen durch die Anwendung von Algorithmen das, was Internetnutzer/innen sehen und blenden gerade die Informationen aus, die sie vielleicht zu einem neuen Denken anregen könnten. Ein weiteres Problem betrifft Ihre Frage noch deutlicher – allerdings ist die Lösung hier äußerst komplex und je nach Kontext unterschiedlich. Denn trotz eines rasanten Ausbaus der Kommunikationstechnologie weltweit gibt es immer noch Regionen auf der Welt, die kaum aus ihrem „digital gap“ herauskommen und so nur unter erschwerten Bedingungen Zugang zum Internet erhalten. In anderen Ländern (wie beispielsweise China oder Russland) entscheiden Machthaber darüber, welche Internetseiten erlaubt sind und welche geblockt werden. In beiden Fällen sind vor allem politische Entscheidungen nötig, damit man einen grenzenlosen, globalen Zugang zu Wissen ermöglichen kann.

Das Recht auf Wissen bezieht sich auch auf eine transparente Politik. Welche Vorteile und Nachteile sehen Sie an einer solchen Forderung?

Prinzipiell finde ich das sehr gut und befürworte eine transparente Politik. Allerdings reichen eine vollumfängliche Einsichtnahme und eine umfassende Beteiligung am politischen Geschehen allein oft noch nicht, um zu individuell sowie gesellschaftlich lebensdienlichen Erkenntnissen bzw. Entscheidungen zu gelangen. Dafür braucht es zudem eine Bildung, die Menschen befähigt, unterschiedliche Meinungen nebeneinander zu stellen, Kontroversen auszuhalten und das erworbene Wissen begründet in den gesellschaftspolitischen Diskurs einzubringen, ohne sich von einer bestimmten politischen Richtung einfangen zu lassen.