Studis im Gespräch: Erasmus+-Studentin Lea Voss zu ihren Erfahrungen in Schweden

Noch vor Beginn der Corona-Krise war Lea Voss eine der ersten Studierenden der Hochschule für Philosophie München, die an dem neu eingeführten Erasmus+-Programm teilgenommen haben. Es führte sie für ein halbes Jahr nach Uppsala, Schweden. Wir haben mit ihr über diese Zeit und ihre Erfahrungen gesprochen.

Du hast mit Erasmus+ für ein Semester am Newman Institut in schwedischen Uppsala studiert. Wieso hast du dich für Uppsala entschieden?

Ich wollte schon immer mal für eine längere Zeit ins Ausland gehen und als ich dann in der Informationsstunde gehört habe, dass Schweden eins der Kooperationsländer ist, war ich sofort begeistert. Ich finde Skandinavien allgemein wahnsinnig schön und gerade Schweden hat mich schon einmal im Urlaub begeistern können. Es ist einfach so ein schönes Land.

Was hat dir besonders gut in Schweden gefallen? Was nicht?

Die Leute sind alle sehr freundlich und viel geruhsamer und entspannter als hier in München. Man sieht fast nie jemanden, der gehetzt wirkt oder ungeduldig Auto fährt. Das hat sicher auch mit der Einwohnerzahl von Uppsala zu tun: es sind nur knapp 100.000 Menschen, ein wenig mehr als in Ingolstadt. Aber selbst diese Anzahl merkt man kaum.
Außerdem ist Schweden landschaftlich wahnsinnig schön, gerade um Uppsala liegen viele Seen und Wälder. Und die Extremen zwischen Helligkeit und Dunkelheit waren eine total neue Erfahrung: Im August wurde es schon um vier Uhr morgens hell. Im Dezember dagegen erst um neun Uhr morgens und um vier Uhr nachmittags war es dann auch schon wieder dunkel. Ich hatte mir diese Umstellung aber schlimmer vorgestellt, man gewöhnt sich schnell daran. Auch die Kälte war in Uppsala auch wirklich auszuhalten.

Warst Du auch in anderen Städten?

Ja. Einmal waren wir zum Beispiel für einen Kurzurlaub in Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens. Da war es dann schon sehr kalt mit minus 17 Grad. Und es gab maximal zwei Stunden Sonne am Tag. Da würde ich nicht dauerhaft leben wollen. Aber dennoch war der Trip das absolute Highlight meiner Zeit in Schweden. Ich wollte schon immer mal den schwedischen Winter erleben und dort waren wir mitten in der Wildnis in kleinen Hütten untergebracht und haben Schneeschuhwanderungen gemacht. Es gab Skilanglauf- und Rodeltouren. Nordlichter haben wir leider nicht gesehen, weil es zu bewölkt war. Dennoch war Kiruna auf jeden Fall mein Highlight der Reise. Aber auch unsere privaten Ausflüge nach Oslo und Kopenhagen waren toll.

Hast du für deinen Aufenthalt Schwedisch gelernt?

Ich hatte im Vorfeld einen Schwedischkurs gemacht und in Uppsala weitergeführt, leider konnte ich in dem weiterführenden Kurs nicht viel dazulernen. Der Unterricht fand gemeinsam mit amerikanischen Studierenden statt, für die die schwedische Sprache weitaus schwieriger war als für uns Deutsche. Die Aussprache und viele Vokabeln sind im Deutschen ähnlich. Die Lehrerin hat den Unterricht also eher an die Amerikaner angepasst und nach acht Wochen waren wir immer noch dabei zu wiederholen, wie man einen Kaffee bestellt.
Eine Freundin und ich haben uns dann schlussendlich dazu entschieden, aus dem Kurs auszutreten und selbst schwedisch zu lernen. Das klappte allerdings auch nicht so gut wie erwartet, da die Schweden alle sehr gut Englisch sprechen und sich nicht auf Schwedisch mit uns unterhielten. Aber die Basics konnte man trotzdem lernen. Meine zwei Lieblingsworte sind auf jeden Fall „roliga“ und „snabbt“ – lustig und schnell.

Wie stark hat sich das Studium in Schweden von deinem bisherigen Studium unterschieden?

Der Aufbau des Studiums ist am Newman Institute grundsätzlich anders. Im ersten Semester lernt man alle Grundlagen der Philosophie – also alle Themenfeldern gleichzeitig. In den kommenden Semestern kann man dann selbst Schwerpunkte setzen. Man hat gemerkt, dass die schwedischen Studierenden nicht dieselben Vorkenntnisse hatten wie wir, die an der HFPH jedes Thema der Philosophie ein Semester lang vertieft haben.
Außerdem müssen die Studierenden in Schweden sehr viel mehr Seminararbeiten und wöchentliche Essays schreiben als wir. Sie haben eigentlich gar keine mündlichen und schriftlichen Prüfungen. Ich hatte vier Kurse und musste in allen eine Arbeit schreiben.

Welche Kurse hattest du am Newman Institut?

Wir hatten leider nur einen einzigen philosophischen Kurs: Philosophy of Mind. Die anderen Kurse waren an die amerikanischen Studenten angepasst, die im Rahmen eines Nachhaltigkeitsprojektes dort waren. Deshalb ging es viel um Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Interessant, aber nicht philosophisch. Wir konnten uns aber jeden Kurs für Wahlpflichtmodule an der HFPH anrechnen lassen.
Die Zusammenarbeit mit den Amerikanern läuft allerdings demnächst aus. Es kann deshalb sehr gut sein, dass in Zukunft mehr Philosophie für die Erasmus+-Studierenden angeboten wird.

Wie war die Organisation deines Aufenthaltes? Sehr aufwendig? Entspannt?

Von deutscher Seite war alles super und einfach. Ich wurde sehr gut beraten und mir wurde genau erklärt, was wann zu tun ist und wofür ich mir die schwedischen Kurse anrechnen lassen kann. Von der schwedischen Seite hätte ich mir eine intensivere Betreuung gewünscht. Dort wurde der Schwerpunkt auf die amerikanischen Studierenden gelegt, was für uns schade war. Im Gegensatz zu uns wurden für die Amerikaner bspw. Ausflüge und Kurztrips angeboten. Auch das Kursprogramm war wie schon erwähnt eher auf die Amerikaner ausgerichtet. Aber wir hatten eine sehr angenehme Einführungswoche und auch die Wohnsituation war sehr gut.

Würdest du dein Auslandssemester wieder machen?

Auf jeden Fall! Allerdings würde ich – anders als diesmal – nicht mehr Kurse belegen als das erforderte Minimum. Stattdessen würde ich mehr reisen und das Studentenleben genießen. Es gibt in Uppsala die sogenannten „nations“, die ein wenig an die Studentenverbindungen in den USA erinnert. Man bezahlt 25 Euro im Semester und kann dafür an studentischen Aktivitäten teilnehmen kann. Jeder ist willkommen und man kann mit anderen Grillen, Ausflüge machen, an Bällen teilnehmen oder auch Chören, Theatergruppen und Orchestern beitreten. So kann man schnell neue Freunde finden – sowohl schwedische als auch internationale. Also wäre mein Tipp für alle, die sich für ein Auslandssemester interessieren: Genießt die Zeit im Ausland und setzt euch nicht zu sehr unter Druck. Es ist eine tolle Erfahrung, die euch keiner mehr nehmen kann!

Ihr wollt auch mit Erasmus+ ins Ausland? Dann informiert Euch beim International Office. Bitte beachtet, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Planungen aktuell erschweren.