419 | PD Dr. Dr. Thomas Rusche

Ethik und Kultur in der Unternehmensführung. Ethische Begründung versus kulturalistische Relativierung

Hauptseminar 2-stdg.
Raum: Seminarraum 5
Termine: Freitags von 17.30 - 19.00 Uhr am 15.10. / 29.10. / 05.11. / 12.11. / 19.11 / 14.01. und samstags (im Block) von 10.00 - 15.00 Uhr am 30.10. und 15.01.22

MA-IB: V
Master Ethik: III(WIR), V
BA: WP Globalisierung, III/2

Thematik

Unternehmen sind produktive soziale Systeme. Die Unternehmensorganisation ist kulturell aufgeladen und in ihr soziales Umfeld kulturell eingebettet. Mit dem Erkenntnisobjekt der Unternehmenskultur wird die Bedeutung von Werten und Denkhaltungen im Management fokussiert und deren erfolgskritische Relevanz untersucht. Worin unterscheiden sich Tiefenschicht und Oberfläche der Unternehmenskultur? Wie kann die Unternehmenskultur durch individuelle Habitualisierung, institutionelle Sedimentation und kontinuierliche Traditionsbildung ausgestaltet werden, um eine unternehmensspezifische Identität auszubilden? Welche Instrumente, Inhalte, Dimensionen und Fallstricke sind beim kulturellen Wertemanagement zu beachten? Worin unterscheiden sich unternehmenskulturelle Typen, von der mechanistischen bis zur sinnstiftenden? Wodurch sind sie charakterisiert? Wie können sie vom Management beeinflusst und weiterentwickelt werden, um eine möglichst große Kulturhöhe zu erreichen ? 

Von der erfolgsorientierten Ausgestaltung einer Unternehmenskultur ist die Unternehmensethik zu unterscheiden. Aufgabe der Unternehmensethik ist die kritische Analyse und reflexive Begründung des Wertesystems, d. h. der Moralität einer Unternehmung. Ethische Reflexion sucht verallgemeinerungsfähige Grundnormen als Maßstab für die relative, nur begrenzt in einem Unternehmen gültige, Unternehmenskultur. Es ist deshalb für jede spezifische Unternehmenskultur zu prüfen, ob sie ethisch gerechtfertigt werden kann. Wie können solche unternehmensethischen Prinzipien begründet und angewendet werden? Oder scheitert Unternehmensethik an der kulturalistischen Relativierung von Prinzipien und Normen angesichts einer moralwiderständigen Realität des ökonomischen Profitstrebens? Ist Unternehmenskultur nur ein Mittel zum Zweck des Unternehmenserfolgs, oder das Bindeglied von Ökonomie und Ethik in der Unternehmensführung?   

Ziele

Die Studierenden sollen befähigt werden, ethische Problemstellungen der Unternehmenskultur kritisch zu reflektieren, begründet dazu Stellung zu nehmen und Lösungsansätze für das Spannungsverhältnis zwischen Kultur und Ethik in der Unternehmensführung zu entwickeln. Lernziele des präzisen Analysierens, schlüssigen Argumentierens und der ethisch reflektierten Handlungskompetenz im Anwendungsbereich des Wertemanagements von gewinnorientierten Unternehmen und Non-Profit- Organisationen. 

Methode

Aktives Lesen von Texten zur Unternehmenskultur und Unternehmensethik, selbstständiges Aneignen der Gedanken und Intentionen des Autors, Klärung der Fragestellungen, Rekonstruktion von Argumentationsschemata. Produktionsorientierung im Umgang mit Texten durch Einübung unterschiedlicher Schreibstile und Textformate. Textlektüre als Schreibanstöße für inhaltliche Zusammenfassung, Analyse und Kommentierung, Formulierung von Gegenpositionen, Verfassen eigenständiger Primärtexte. Methodenmix aus Fallanalyse, Textorientierung und freiem halbstrukturiertem Unterrichtsgespräch, selbstständige Argumentationsbeiträge der Studierenden, Sokratische Gesprächsführung, Streitgespräche, z. B. zwischen Aristoteliker, Diskursethiker, Kantianer und Utilitaristen. An der Seminardiskussion beteiligen sich alle Teilnehmer/innen, um Informationen und Fakten zu sammeln sowie Argumente und Stellungnahmen zu formulieren. In der argumentativen Auseinandersetzung sollen aus der Theoriediskussion Rückschlüsse für ein ethisch reflektiertes Wertemanagement in der Unternehmenspraxis gezogen werden.

Voraussetzungen

Interesse an Ethik und Unternehmensführung

Qualifikation

Durchgängige Teilnahme, regelmäßige Textlektüre, proaktive Diskursbereitschaft, Übernahme von Kurzreferaten und Protokollen, Verfassen einer Seminararbeit

Zielgruppe

Studierende, Wirtschaftsjournalisten, Philosophen, Ökonomen, Manager und Unternehmer

Literatur

van Aaken, Dominik; Schreck, Philip : Theorien der Wirtschafts- und Unternehmensethik, Berlin 2015

Rusche, Thomas : Unternehmensethik. Vernünftig begründen und erfolgreich anwenden, Berlin 2020