04* | Prof. Dr. Dr. Johannes Wallacher

Einführung in die Wirtschaftsethik

Vorlesung 1-stdg. Montag, 9–12 Uhr
Raum: Aula
Termine: 14.11.2016–5.12.2016

BA: I/3
MA-Ethik: III (WIR)

Thematik

Wirtschaft und Ethik werden nicht erst seit der anhaltenden Wirtschafts- und Verschuldungskrise vieler Staaten, offensichtlicher negativer sozialer und ökologischer Folgewirkungen sowie von Unternehmensskandalen um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen oder dubioser Geschäftspraktiken bei der Deutschen Bank als schwer vermittelbare Disziplinen angesehen. Dabei wird freilich leicht übersehen, dass wirtschaftliches Denken ursprünglich aus philosophischen Überlegungen heraus entwickelt wurde. So gab Aristoteles der Ökonomie ihren Namen und Adam Smith, der Ahnherr der modernen Wirtschaftslehre, war Moralphilosoph an der Universität Glasgow.

Spätestens seit der Wende hin zur Neoklassik zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhebt die moderne Ökonomie allerdings den Anspruch, eine positive und damit wertneutrale Wissenschaft zu sein. Seit den 1970er Jahren kam es zunächst in den USA und dann auch in Europa zu einer Renaissance wirtschaftsethischer Überlegungen, in dessen Folge sich die Wirtschaftsethik als Bereichsethik mit einer methodisch eigenständigen und interdisziplinären Prägung etabliert hat. Dies war auch eine Reaktion auf die negativen Begleiterscheinungen modernen Wirtschaftens wie das wachsende Wohlstandsgefälle, die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit oder die Gefährdung der Umwelt. Nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus und der fortschreitenden weltwirtschaftlichen Verflechtung ist auch die Rechtfertigung freier Märkte verstärkt in den Vordergrund getreten, deren "ethische Richtigkeitsvermutung" üblicherweise mit ihrer hohen Leistungsfähigkeit begründet wird.

Heute kommt der Wirtschaftsethik mehr denn je die Aufgabe zu, zwischen ökonomischer Logik und moralischen Ansprüchen zu vermitteln. Dabei geht es sowohl um die Erklärung und kritische Reflexion der ökonomischen Theorie und Praxis sowie die Begründung von normativen Maßstäben für das wirtschaftliches Verhalten von Einzelpersonen und Unternehmen sowie die Gestaltung von Wirtschaftspolitik und ökonomischen Rahmenbedingungen.

Ziele

Ziel dieser Vorlesung ist es, eine systematische Einführung in diesen Problemkreis zu geben. Dabei wird die Frage nach der Vermittlung von ökonomischer Logik und moralischen Ansprüchen theoretisch reflektiert und anhand konkreter Problemstellungen erläutert. Die Thematik dieser Vorlesung kann vertieft werden in der Anschlussvorlesung "Themen der Wirtschafts- und Unternehmensethik" am 27./28. Januar 2016, in der grundlegende Ansätze der Wirtschafts- und Unternehmensethik vorgestellt und refelktiert werden.

Literatur

  • Aßländer, Michael, Grundlagen der Wirtschafts- und Unternehmensethik, Marburg 2011.
  • Aßländer, Michael (Hrsg.), Handbuch Wirtschaftsethik, Stuttgart 2011.
  • Bofinger, Peter, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: eine Einführung in die Wissenschaft von Märkten, München 2003.
  • Conrad, Christian A., Wirtschaftsethik. Eine Voraussetzung für Produktivität, Wiesbaden 2016.
  • Homann, Karl, Koslowski, Peter & Lütge, Christoph, Wirtschaftsethik der Globalisierung, Tübingen 2005.
  • Korff, Wilhelm u.a. (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik, 4 Bände, Gütersloh 1999.
  • Müller, Johannes & Wallacher, Johannes, Entwicklungsgerechte Weltwirtschaft. Perspektiven für eine sozial und ökologisch nachhaltige Globalisierung, Stuttgart u.a. 2005.
  • Schlaudt, Oliver, Wirtschaft im Kontext. eine Einführung in die Philosophie der Wirtschaftswissenschaften in Zeiten des Umbruchs, Frankfurt/M. 2016.
  • Sen, Amartya, Ökonomie für den Menschen. Wege zu Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktwirtschaft, München/Wien 2000 (Development as Freedom, New York 1999).
  • Ulrich, Peter, Integrative Wirtschaftsethik. Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie, 4. vollständig neu bearbeitete Auflage, Bernu.a. 2008.
  • Wallacher, Johannes, Mehrwert Glück. Plädoyer für menschengerechtes Wirtschaften, München 2011.