41* | Prof. Dr. med. Eckhard Frick SJ, Dr. Christian Rutishauser SJ

Pluralität von Spiritualitäten und Religionen – eine systemische Sicht

Hauptseminar 2-stdg. Donnerstag, 17-22 Uhr, Freitag, 9-21.30Uhr, Samstag, 9-14 Uhr
Raum: Seminarraum 3
Termine: 08.06. (17–22 Uhr), 09.06. (9–21.30 Uhr), 10.06.2017 (9–14 Uhr)

BA: WP Theologie, WP Kulturelle Zugänge
MAkons: III (RV)
MA-Ethik: III (MEZ)
MA-IB: III (SC, VV)

Persönliche Anmeldung bis 15.05.2017 bei beate.mayr@hfph.de erforderlich!

Thematik

In unserem heutigen Sprachgebrauch (z.B. religiös, spirituell, säkular) wirken noch Gesellschaftsformen nach, in denen die Religion ein einendes Sprach-, Werte- und Symbolband darstellte (encompassing religion, Fitzgerald 2007). In funktional differenzierten („säkularisierten“) Gesellschaften ist die Religion nur mehr eines unter mehreren Teilsystemen (Wirtschaft, Medizin, Kunst, Wissenschaft usw.). „Gerade für das Religionssystem beruht die gesellschaftliche Integration deshalb nicht mehr auf Religion, sondern auf einem Komplex von System/Umwelt- Verhältnissen in der Umwelt des Religionssystems, die Religion ermöglichen. Insofern ist die Gesellschaft für das Religionssystem säkularisiert“ (Luhmann 1977: 248). Vor diesem soziologisch beschriebenen Hintergrund suchen wir nach einem hermeneutischen Rahmen, um den jeweils eigenen Standpunkt mit dem jeweils anderen in Dialog zu bringen. Die Thematisierung von Gegensatzbegriffen zur Religion (säkular, nicht-/a-religiös, spirituell u.a.) eröffnet ein plurales religionsbezogenes Feld (Bochinger 2013; Quack 2013 ; Wohlrab-Sahr & Kaden 2013). Im Seminar fragen wir innerchristlich nach Sozialformen der Spiritualität (Wohlmuth 2010) und reflektieren, was „authentische“ Spiritualität im Kontext von Spiritual Care heißt (Nassehi 2011). Wir reflektieren Formen agnostischer Spiritualität als mögliches Festhalten an der Realitätsverdoppelung (Luhmann 2002: 61f) ohne explizit religiöse inhaltliche Füllung (Wohlrab-Sahr et al. 2005). Dadurch kommt die Möglichkeit des interreligiösen Dialogs in den Blick, möglicherweise unter Einbeziehung der „Kirche“ der Atheisten (Schröder 2013).

Ziele

1. Spiritualität als praxisbezogenen, operativen Begriff kennen lernen 2. Sensibilität für kulturelle, religiöse, spirituelle Diversität entwickeln 3. Voraussetzungen des Dialogs in dieser Diversität reflektieren

Methode

1. Moodle-Diskussion vor Seminarbeginn 2. Diskussion der vor dem Seminar von allen TN gelesenen Texte 3. Impulsreferate

Voraussetzungen

Aktive Beteiligung (Lektüreseminar, keine Vorlesung)

Qualifikation

1. Bereitschaft zur Übernahme eines Impulsreferates und zur Erstellung eines Impulses für die Moodle-Diskussion 2. Seminararbeit 3. Beteiligung an der Moodle-Diskussion

Zielgruppe

1. Studierende der Philosophie, Theologie und Medizin 2. Andere an der Thematik Interessierte 3. Gasthörende nur nach AUSDRÜCKLICHER Zulassung durch die Dozenten

Literatur

Bochinger C (2013) Das Verhältnis zwischen Religion und Säkularität als Gegenstand religionswissenschaftlicher Forschung. In: Führding S, Antes P (Hg.) Säkularität in religionswissenschaftlicher Perspektive. Göttingen: V & R. 15-57. Fitzgerald T (2007) Encompassing religion, privatized religions and the invention of modern politics. In: ds. (Hg.), Religion and the secular. Historical and colonial formations. London: Equinox. 211-240. Luhmann N (1977) Funktion der Religion. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Luhmann N (2002) Die Religion der Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Nassehi A (2011) Spiritualität. Ein soziologischer Versuch. In: Frick E, Roser T (Hg.) Spiritualität und Medizin. Gemeinsame Sorge für den kranken Menschen (2. Auflage). Stuttgart: Kohlhammer. 35-44. Quack J (2013) Was ist »Nichtreligion«? Feldtheoretische Überlegungen zu einem relationalen Verständnis eines eigenständigen Forschungsgebietes. In: Führding S, Antes P (Hg.) Säkularität in religionswissenschaftlicher Perspektive. Göttingen: V & R. 87-108. Schröder S (2013) Dialog der Weltanschauungen? – Der Humanistische Verband Deutschlands als Akteur im interreligiösen Dialoggeschehen. In: Führding S, Antes P (Hg.) Säkularität in religionswissenschaftlicher Perspektive. Göttingen: V & R. 169-186. Wohlmuth J (2010) Was heißt ‘Spiritualität’? Biblische und Systematische Klärungen. In: Altmeyer S, Boschki R, Theis J, Woppowa J (Hg.) Christliche Spiritualität lehren, lernen und leben: Unserem Freund, Lehrer und Kollegen Gottfried Bitter CSSp zu Seinem 70. Geburtstag am 24. Oktober 2006. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 43-58. Wohlrab-Sahr M, Kaden T (2013) Struktur und Identität des Nicht-Religiösen: Relationen und soziale Normierungen. KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 65:183-209. Wohlrab-Sahr M, Karstein U, Schaumburg C (2005) „Ich würd mir das offen lassen “. Agnostische Spiritualität als Annäherung an die ‚große Transzendenz‘ eines Lebens nach dem Tode. Zeitschrift für Religionswissenschaft 13:153-174.