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Gott im Werden. Religionsphilosophie bei Alfred North Whitehead

Hauptseminar 2-stdg. Dienstag, 14–16 Uhr
Raum: Seminarraum 2
Termine: ab 13.10.2015
BA: III/2
MAkons: III (RV)
MA-Ethik: III
Mag: F6, F7
ZEP: A

Thematik

Kaum ein anderer systematischer Philosoph des 20. Jahrhunderts hat eine ähnliche Wirkung auf die Religionsphilosophie entfaltet wie Alfred North Whitehead – und dessen Gefolge sein Schüler Charles Hartshorne. Im vorliegenden Seminar sollen Grundideen und Grundbegriffe der Religionsphilosophie Whiteheafs nachgezeichnet werden. Das Seminar ist explizit der philosophischen Frage nach dem Status des Gottesbegriffs in der Prozessphilosophie gewidmet. Darüber will das Seminar in das Denken Whiteheads einführen. Whiteheads Philosophie ist so interessant für die philosophische Forschung im 21. Jahrhundert, weil sie als Schnitt von drei großen Strömungen philosophischen Forschens des vergangenen Jahrhunderts begriffen werden muss: Sie ist ihrem Wesen nach systematisch – d.h. sie ist an der begrifflichen Einordnung der gesamten Lebenswelt des Menschen interessiert. In diesem Sinne sollte die Philosophie Whiteheads als kontinental beschrieben werden. Sie ist aber, zweitens, ihrer Methode nach analytisch. Philosophisches Arbeiten, so Whitehead, ist wesentlich durch logische Begriffsanalyse gekennzeichnet. Solche Analysen müssen sich aber, drittens, immer an den Erfahrungsgehalten in der Wissenschaft und der Alltagswelt orientieren. Sie sollen diese adäquat abbilden und anwendbar im praktischen Leben der Menschen sein. So kann die Philosophie Whiteheads als pragmatisch bezeichnet werden. Dieser Umstand spiegelt sich auch im Leben Whiteheads, der als Grenzgänger verschiedener Welten im Alter von 63 einen Ruf der Universität Harvard annahm und von England in die USA übersiedelte. Er beschäftigte sich dort intensiv mit dem Denken des amerikanischen Pragmatismus – vor allem William James, John Dewey und Charles S. Peirce. Trotz einer gewissen Wirkmächtigkeit steht jedoch das Werk Whiteheads in dem nicht vollkommen unbegründeten Ruf, dass es besonders schwierig zu lesen – ja, opak und dunkel – sei. Der Schüler Whiteheads Charles D. Broad hat dies in einer Besprechung in Mind im Jahr 1947 folgendermaßen zusammengefasst: „I cannot pretend to understand much of it, and I cannot help thinking that many of its enthusiastic admirers must simply be counted among those who wonder with a foolish face of praise.“ Mit dem vorliegenden Seminar soll zumindest exemplarisch an wichtigen Textstellen der Gegenbeweis angetreten werden, dass diese Einschätzung Broads einer detaillierten Analyse und Auseinandersetzung mit dem Whiteheadianischen Denken nicht standhalten kann.

Ziele

Am Ende des Kurses sollten die Studenten in der Lage sein selbstständig und kritisch zu den zentralen (neu-artigen) Ideen der Philosophie Whiteheads summarisch Stellung zu nehmen. Dazu zählen die Begriffe: prehension, category of the ultimate, creativity, ingression of eternal objects, intensity, actual entity, God, consequent natur of God, primordial nature of God, process theology vs. process philosophy of religion. Besonderer Wert soll darauf gelegt werden deutlich zu machen, inwiefern diese Ideen in Auseinandersetzung mit dem klassischen Theismus ein anderes Bild der Wirklichkeit entwerfen.

Methode

Das Seminar ist als Lektüre- und Diskussionsseminar konzipiert. Zum Gelingen ist es deshalb unumgänglich, dass alle Teilnehmer die Texte genau studieren. Jeder Teilnehmer des Seminars übernimmt einmal die Einführung in den zu lesenden Text mittels eines Referats: Dabei ist es wichtig, dass diese Einführungen nicht den gelesenen Text wiedergeben sollen. Vielmehr sollen die zentralen Begriffe herausgearbeitet und kritisch eingeordnet werden. Zusätzlich werden über Moodle Gruppenarbeiten etc. angeboten. Nach Abschluss des Seminar verfassen die Teilnehmer eine Seminararbeit. Ich werde nach jeder Sitzung eine kurze Zusammenfassung der zentralen Begriffe und Diskussionen der entsprechenden Sitzung für die Teilnehmer erstellen und ihnen diese zugänglich zu machen.

Voraussetzungen

Englischkenntnisse.

Literatur

Die Seminartexte werden den Studierenden in der ersten Sitzung im Moodle nach einer kurzen Einführung in Prozessphilosophie zur Verfügung gestellt.